BILDGEDANKEN | JANUAR 2025

„Der Gordische V“ von Hans-Hendrik Grimmling

„Der Gordische V“, Acryl auf Leinwand, 1993, 140 x 300 cm

„Der Bildtitel führt die Interpretationsmöglichkeiten der
Bildaussage und soll mit seinem Verweis auf die griechische Mythologie die diesbezügliche Metapher für den Rezeptionsprozess verstehbar machen.
Der Sage nach wird der erfolg- und siegreich sein, der den Gordischen Knoten zu lösen vermag.
Alexander der Große soll ihn 333 v. Christus mit dem Schwert zerschlagen haben.
Entgegen der Lösung durch Gewalt ist eine zweite, unbekanntere Variante überliefert, der zufolge das
„Problem“ durch Raffinesse, List oder Intelligenz gelöst worden sei. (… durch das einfache Herausziehen eines sogenannten Deichselnagels …)

In diesen Erzählungen führt die Frage nach der Existenz in Abhängigkeit in die Knoten- Metapher für Loslösung, Befreiung und deren paralleler Ahnung von zugleich neuem Verhängnis.

Diese Themen haben mich sehr früh beschäftigt und haben sich schon in studentischer Zeit für meine Bildstoffe verfügbar gezeigt.
Gültigere Formulierungen entstanden dann 1981 in der dreiteiligen Arbeit (Kohle/Kreide auf Fotoleinen, ges. 160 x 330 cm, unter Glas, MBK Leipzig) und 1987 auch im dreiteiligen Werk (Kohle/Kreide auf Retroflies, ges. 150 x 300 cm, unter Glas, Sammlung J. Kister) schon unter dem Titel „der gordische knoten“.
Beide Arbeiten zeigen verschlungene Leiber, die sich voneinander zu lösen versuchen und sich gleichzeitig dabei aber behindern und die teilweise vogelähnlich scheinen oder mit Flügeln am Körper.
Später wollte ich die Beschreibung von Lösungsaufforderung und deren Inhaftierung in eigene Unzulänglichkeiten als Verhängnis signifikanter, ja nonfigurativer formulieren.
So sind in den frühen neunziger Jahren Bilderserien entstanden in abstrakterer Formstrenge und zeichenhafter Vereinfachung.
Die Serie der „gordischen knoten“ I bis VI von 1993/94 ist in fast plakativem Schwarz/Rot/Gelb gehalten und zielt natürlich auf die Farben der Nationalflagge.
Diese metaphorische Reduzierung soll die Fragen provozieren nach eigener Bekenntnisfähigkeit und deren gleichzeitiger Verstrickung in Abhängigkeit und Unfreiheit.
Es ist die Sehnsucht und die Suche nach Lösungen und deren fortbegleitendes Verhängnis …. als das Profane der menschlichen Existenz.“

Berlin, Januar 2025
Hans-Hendrik Grimmling