BILDGEDANKEN | JULI 2024

„Flugbein“ von Hans-Hendrik Grimmling

„Flugbein“, Acryl auf Leinwand, um 1988, 170 x 135 cm

„Diese Arbeit ist im Frühjahr in West-Berlin entstanden …. knapp zwei Jahre nach der Ausreise aus der DDR. Nach mehreren Monaten in Untermiete für Wohnen und Arbeiten konnte ich mit Frau und Kind eine Dreizimmerwohnung mieten, und es wurde der größte Raum als Atelier umfunktioniert. Hier entstanden endlich erste malerische und zeichnerische Großformate, die das neue „Dasein“ zu fassen versuchten. Es waren Ableitungen der ewig grüblerischen Gedanken um den Begriff „Freiheit“ und es zeigten sich der Vogel, der Flügel … das Fliegen als immer noch brauchbare Metaphern. Es entwickelte sich eine Bilderreihe, mit vielleicht hoffnungsvollem Blau, aber wie in einer Fortsetzung der Zyklen und Serien eher in schreiendem Rot, die ich Leipzig beendet hatte und diese scheinbar auch als verlassen betrachtete. „Der Käfig ist offen“ und „Vögel über Berlin“ I, II, III, oder „Kaltes Herz“ I, II, und „Überfahrt“ waren kennzeichnende Titelführungen von diesem Neubeginn. Das „Flugbein“ steht störrig senkrecht, beschreibt ein fast erstarrtes Unterwegssein …. auf einem Flügel, der im dunkelblauen Gegenlicht brennend leuchtet …. und das fortwährende Wegwollen signalisiert – die Frage nach dem Gelingen des Sichbefreiens. Es ist die ewige Sehnsucht nach Bewegung und das erahnte Scheitern an ihr.“

Hans-Hendrik Grimmling